Trabant

Bremsen

Die Bremsen am Trabant sind wohl so ziemlich das schlimmste, was sich der DDR Automobilbau geleistet hat.
Damit meine ich aber nicht die Bremswirkung. Die ist vollkommen ausreichend. Man muß dazu nur wissen, daß der Trabbi mit der Hacke gebremst wird. Dann bekommt man die Räder auch auf jedem Untergrund zum Blockieren und mehr braucht man nicht.
Das Schlimme an den Bremsen ist die Tatsache, daß die Bremszylinder bis zum Schluß keine Staubschutz-
manschette hatten. Der Gummistöpsel taugt bestenfalls dazu, größere Gesteinsbrocken aufzuhalten. Der fei-
ne Bremsstaub kommt daran auf Dauer doch vorbei. Und Feuchtigkeit gelangt allemal zwischen Kolben und Zylinder. Da der Dichtring auch noch auf dem Kolben sitzt und nicht im Zylinder, schiebt sich der Dichtring mit zunehmender Abnutzung der Bremsbacken schön ind den angesammelten Dreck rein. Die Folge ist, daß er leicht undicht wird und die normale Bremsflüssigkeit mit ihrer Korrosionswut schnell für den Rest sorgt. Un-
gefähr abgeschätzt verbrauche ich dadurch etwa vier komplette Sätze Bremszylinder, bevor ich auch nur ein Paar Bremsbacken verschlissen habe. Ein echter Jammer.
Aber wenigstens sieht man das Unglück schon recht lange vorher herannahen. Ich ziehe jedes Frühjahr alle Bremstrommeln ab und sehe mir die Bremsen dabei genauer an.

Bremsbacken/Bremsstaub

Die nasse Bremsbacke ist das Endstadium beim undichten Zylinder (meist vorn). Dann bringt die Bremse auf der betroffenen Seite kaum noch Verzögerung, was man auch deutlich merkt. Doch lange vorher merkt und sieht man auch die versagende Bremse: (zumindest mit normaler DOT4 Bremsflüssigkeit)
Ist der Bremsstaub schön feinkörnig, ist keinerlei Bremsflüssigkeit ausgetreten. Enthält der Bremsstaub feine längliche Anteile, die etwa wie kurze Kohlefaserstücken aussehen, ist ein Zylinder gerade am undicht werden. Dann sollte man die Bremse gleich zerlegen und in Ordnung bringen, bevor alles noch schlimmer wird. Die-
ses Stadium spürt man auch schon beim Fahren. Die Bremsflüssigkeit weicht dann nämlich den Belag et-
was auf und die betroffene Seite bremst zunächst besonders nach etwas Standzeit stärker, bis die Aufwei-
chung abgerieben ist. Ein leichtes Seitwertsziehen, das nach etwas Standzeit auftritt und nach ein paar Bremsvorgängen verschwindet deutet darauf hin.
Die Literatur empfiehlt das Wechseln der Bremsbacken, wenn auf denen Bremsflüssigkeit war. Ich empfinde das gerade bei der miserablen Haltbarkeit der Bremszylinder als die reinste Verschwendung. Mein Mittel ist ein paar Stunden Einweichen in Waschbenzin. Anschließend trocknen und nachher mit Nitroverdünnung ab-
reiben, bis der Lappen sauber bleibt. Nach dem Einbau hat sich die Oberfläche etwas verändert. Nach ein paar hundert Metern im dritten Gang mit leicht getretener Bremse ist die Oberfläche eingeschliffen und alles ist wieder in Ordnung.

Bremszylinder

Die bewege ich bei der Durchsicht, um zu erkennen, ob sie festgehen wollen (speziell hinten). Etwas schwer können sie gehen, aber mit dem Daumen müssen sie sich noch hereindrücken lassen. Falls nicht halten sie auch kein Jahr mehr durch. Sind sie in Ordnung, bewahrt sie ein Tropfen Öl zwischen Kolben und Zylinder et-
was länger vor dem beginnenden Rost.
Ist ein Bremszylinder fest oder undicht, ist eine Aufbereitung meist besser als ein Wechsel. Die Ersatzteile aus Ungarn sind kaum zu gebrauchen. Ich hatte schon neue Bremszylinder mit Gußfehlern erwischt, die gleich reif für die Tonne waren.
Zur Aufbereitung nehme ich einen Dorn, den ich mit Stoff umwickle, bis er den Zylinder ausfüllt, aber noch nicht straff sitzt. Dann klebe ich etwas (trockenes!) Naßschleifpapier drauf und spanne den Dorn in die Bohr-
maschine. Die Körnung von 240 bis 600 ist geeignet. Damit lassen sich die Teile gut aushohnen. Dann noch den Kolben von Korrosion befreien und den Dichtring wechseln und der Zylinder ist meist besser als ein Neuer. Gerade hier macht sich die Früherkennung bezahlt. Bei einem Bremszylinder mit beginnender Un-
dichtheit ist der Rost noch nicht tief und das Beschleifen der Oberfläche reicht aus. Außerdem ist der Lack in der Bremse zu diesem Zeitpunk noch intakt.

Bremsflüssigkeit

In meinem 71er Trabbi verwende ich seit ca. 5 Jahren DOT5 Bremsflüssigkeit auf Silikonbasis.

Bremsflüssigkeit auf Silikonbasis.

Die ist nicht mehr hygroskopisch und muß nicht mehr gewechselt werden. Außerdem ist sie antikorrosiv und greift den Lack nicht an. Perfekte Eigenschaften also, speziell wenn das Fahrzeug länger steht. In den 5 Jah-
ren mußte ich auch keinen Bremszylinder mehr wechseln. Das scheint bisher die Lösung zum Problem des ewigen Zylinderwechselns zu sein. Ich kann die Flüssigkeit nur empfehlen. Sie ist z.B. bei den Spätbremsern oder auch bei Louis zu erhalten. Der Preis ist zwar verglichen mit DOT4 gewaltig, aber die Investition lohnt sich, da eine Menge Ärger wegfällt.